Paula Engels

Paula Engels gibt jedem Gedanken eine Chance. Auch den hässlichen. Und so textet sie sich aus der dunkelsten Ecke ihres Kopfes in unsere getriebenen Herzen. Die Musikerin will sich nicht verstecken, lieber jeden Schatten erzählen, unmittelbar Emotion teilen. „Ich bin sehr ‚ich‘“, sagt sie, und das könnte unverbesserlich klingen. Aber es ist viel mehr der Versuch, sich in ihrer Ganzheit zu akzeptieren. Die Kurven, die sie fährt, die Tiefe in ihr, die sie manchmal lieber wegschließen würde, weil sie Angst macht.

 

Sie glaubt, nur wer sich nicht hinter Dingen versteckt, kann sich ernsthaft verbinden. Und es stimmt: Paula schreibt gnadenlos ehrlich; den Zugang zu ihrer Welt kriegt man gleich. Schon eine Zeile berührt: „Bitte schau mich nicht so an / hab Angst dass du sonst sehen kannst / wie hinter meiner Wand alles wegbricht. In „Platzangst“ kommt Paula einem unvorbereitet nah, als würde sie einem direkt ins Ohr singen. Es gelingt kaum, sich nicht gesehen zu fühlen – ertappt sogar? Dieses Haus im Song, das von innen schon kaputt ist, bereit zusammenzubrechen und doch nicht gesehen werden will.

 

Paula lernte schon in der Grundschule Gitarre, spielte jahrelang in Bands und wurde von der Gitarristin, zu einer, die singt. Mit 14 begann sie eigene Songs zu schreiben, erst auf Englisch, dann auf Deutsch, was sie anfangs gruselte, weil die Sprache so ehrlich ist. Aber: „Die Songs, die mir Angst machen, weil sie vielleicht zu viel erzählen könnten, sind am Ende auch die, die am krassesten sind.“ Paulas Musik ist das Gegenteil von beiläufig, man will sie nicht nebenbei hören, sie ist zu voll, zu komplex. Ihr Sound kratzt, ist dark. Darüber legt sich ihre Stimme, in jede Faser dringt sie ein, bewegt sich zwischen Schärfe und rauer Klangfarbe. Sie trägt intime Worte, die wirken, als würde sie sie nur an einen selbst richten.

 

In ihren Texten stülpt Paula nuanciert nach außen, was in ihrem Inneren los ist. Sie findet eigene Worte für Emotionen, die alle kennen, aber in keinem ihrer Bilder banal erscheinen. Die Musikerin erzählt in eingängiger und zarter Sprache von der Scham durch Abhängigkeit, der Wut auf sich selbst und von Angst, die unter allem liegt. Das omnipräsente Gefühl, das uns eint. Auch Angst davor, Gefühle überhaupt zu fühlen, weil man sie nicht aushält. Weil sie wie tote Fische an die Wasseroberfläche schwimmen und allen zeigen könnten: Hier schlummern auch Abgründe. Dass Paula in ihrer Musik genau das so deutlich skizziert, ist auch Selbstzweck. Um sich zu sortieren, sich selbst zu ermächtigen. Und auch wenn die Welt aus dem Dunkeln heraus gezeichnet wird, sorgt ihre Musik eben auch für Klarheit, die einen sanft trägt, einen beflügelt.

 

Paulas Songs wollen berühren und lassen andere ein bisschen weniger allein fühlen mit den eigenen Struggles. Junge Menschen, die in eine Welt geboren sind, in der alles bebt, in der das Leben überfordernd sein kann, in der Gewalt dauerhaft präsent ist, in der man mit der Gleichzeitigkeit von Katzenvideos und Kriegen klarkommen muss; diese jungen Menschen wollen nicht taub werden für Gefühle, auch nicht für die schönen. Paula sorgt dafür, dass sie spürbar bleiben – und erinnert mit ihrer unprätentiösen, leichtfüßig coolen Art, dass sich Spaß sogar viel intensiver anfühlt, wenn man sich die eigenen Dämonen ab und zu genauer anschaut.

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