Tuffy
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Als Tuffy das erste Mal Jamaika bereist, ist er kaum ein Erwachsener. Er hat gerade die Schule beendet, ist in einer Beziehung –und weiß noch nicht, wohin ihn sein Leben nun führen wird. Vielleicht will er es auch noch nicht wissen. Gewiss ist er sich allerdings über seine Liebe zur Musik. Sie ist zu diesem Zeitpunkt so groß wie noch nie zuvor und hat ihn auch hierher, in die Karibik, geführt.
Es ist locker eine Dekade her, dass sein älterer Bruder, der Klassiker, in ihm eine HipHop-Liebe ausgelöst hatte. 50 Cent und sein Debütalbum »Get rich or die tryin« hatten Tuffy kalt erwischt, dabei lebte er doch in Baden-Württemberg, volle Kanne auf dem Land, gefühlt in einem ganz anderen Universum. Anstatt also selber Rapper zu werden, wurde Tuffy zunächst Schlagzeuger, ein Drummer im G-Unit-Hoodie. »Ich kann auch gar nicht erklären, warum das so war, aber irgendwie gab es bei uns auf dem Land schon seit ich denken kann immer eine lebendige Reggae-Szene«, erzählt Tuffy mit einem Rätsel in seinen Augen. Von CurtisJackson aus dem Viertel South Jamaica in Queens New York ist der Weg zum Reggae auch gar kein weiter, immerhin hörte man aus dessem Gespür für wahnsinnig einprägsame Melodien schon immer auch ein Interesse an anderen Genres heraus. Etwas, das der junge Tuffy später, als er selber begann, Lieder zu schreiben und zu performen, für sich selbst adaptieren würde.
»Wir haben uns wirklich alles angehört, den jamaikanischen, aber auch den deutschen Reggae.« Immer wenn möglich, fuhr Tuffy damals mit seinen friends in die umliegenden Städte, um sich so viele Konzerte anzuschauen wie möglich. Parallel dazu begann er, erneut durch die Mithilfe seines Bruders, an eigenen Beats zu arbeiten und erste Songs zu schreiben. Die Gründung der ersten eigenen Reggae-Band folgtewenig später.
Schlagartig ändert sich Tuffys Leben dann, als er zum ersten Mal selbst Jamaika bereist –dieses kleine Land, dessen Musikkultur die gesamte Welt erreicht. Einerseits lernt Tuffy in dieser Zeit, Jamaika nicht mehr durch eine rosarote Popkultur-Brille wahrzunehmen. Er lernt die Menschen dort kennen, findet in einem älteren Mann gar einen Freund, dessen Worte und dessen Gastlichkeit Tuffy vielleicht sein Leben lang begleiten werden. Anstatt aber seine persönliche Welt auf dieser bisher größten Reise seines Lebens nur größer zu machen, fällt seine alte, heile Kinderwelt parallel dazu in Baden-Württemberg in sich zusammen. Sein großer Bruder erfährt von einer schweren Krankheit –und Tuffy sieht sich plötzlich nicht nur mit der Endlichkeit des Lebens konfrontiert, er verliert auch seinen zentralen Anker und seine erste Beziehung gleich dazu.
Eine Phase, in der Jamaika und die Musik es schaffen, Tuffy in seiner dunkelsten Stunde abzuholen und ihm jenen Funken Hoffnung für die Zukunft mitzugeben, die er brauchte, um nicht zu resignieren. Zurück in Deutschland geht er schließlich nach Mannheim und zieht in eine WG, die schließlich sein Schicksal besiegeln wird. Die anderen jungen Musikbegeisterten, mit denen er dort lebt, teilen seine Leidenschaft –und aus der werden die Nibiru Natives, sein zweites Bandprojekt. Seitdem verfolgt Tuffy zu jeder Zeit zwei Projekte parallel, die von ihm die gleiche unbedingte Leidenschaft für melodisches Songwriting und persönliche Lyrics erhalten. Einerseits: die Band. Andererseits: seine Musik als Solokünstler.
Vor allem solo begann Tuffy sich in dieser Phase immer mehr zu öffnen –für andere Genres, für das Kennenlernen anderer, erfahrener Artists, aber auch für eine stärkere lyrische Offenheit –die inzwischen vielleicht seine größte Stärke ist. Eine unter vielen. Diese Phase direkt nach dem Ende der Schule hat ihn geprägt, natürlich. Vielleicht wurde er deshalb, weil er selbst diese Zeit überstanden hat, ein Künstler, der bei aller in seinen Lyrics durchschimmernden Melancholie jemand ist, dessen Lieder Hoffnung schenken und dessen Singles deshalb zu einem so diversen Publikum zu sprechen scheinen.
Durch den frühen Zuspruch einerseits vieler etablierter Artists, die sich wie er selbst zwischen Reggae, Pop und einer subtilen HipHop-Infusion bewegen, aber auch seiner Hörer*innen entschied Tuffy dann 2023 sein Soloalbum aufzunehmen. Und er ging dafür zurück –nach Jamaika. »Wir haben uns dort ein Haus auf dem Land gemietet. Als wir dort ankamen, habe ich mir dann erstmal einen Spot gesucht, an dem ich meine Ruhe haben kann –und dann hab ich dort, auf dieser Veranda, angefangen das Album zu schreiben.« Dieses Album, an dem Tuffy aktuell noch arbeitet, soll all jene Gefühle und Erfahrungen einfangen, die ihn dorthin gebracht haben, wo er gerade ist. Hinter Tuffy mag ein schüchterner Mensch stecken, der jenseits der Bühne meist nach Ruhe und Frieden sucht. Vielleicht beinhalten sie deshalb so viel gute Energie, wer weiß. Fest steht: auf dieses Debütalbum mit Namen »countryboy« warten inzwischen aus einer Vielzahl an Gründen einige. Und das vollkommen zurecht. Es wird vermutlich erst das erste große Kapitel einer langen Karriere sein –und dennoch die gesamte Gefühlspalette und all die besten Ideen eines jungen Mannes enthalten, dem die Musik die Welt bedeutet.